Niederländisch für Anfänger #3 – Eine haarige Angelegenheit

Nachdem ich letzte Woche eine kleine Pause von Niederländisch für Anfänger genommen habe (Erkältung und viel zu tun an der Uni, wer kennt das nicht?), kehren wir wieder zurück zum regelmäßigen Protokoll niederländischer Abenteuer und Alltagsmissgeschicke. Ich möchte an dieser Stelle übrigens vor allem zu Protokoll geben, wie sehr ich es bedaure, dass man ’adventures and misadventures‘ einfach nicht so glatt ins Deutsche übersetzen kann. Tragödie der Mehrsprachigkeit. Aber nun weiter im Text, denn heute geht es um eine ganz andere Art von Drama: Haare.

Letzte Woche bin ich in einen mir vollkommen unbekannten Friseursalon marschiert, in einem Land, dessen Sprache ich nicht sonderlich gut beherrsche, mit der Absicht mir die Haare blondieren und ein Pony schneiden zu lassen. Was kann da schon schief gehen? Ja, richtig. So ziemlich alles. Aber mal ganz auf Anfang, wie genau kamen wir also zu diesem Punkt?

Meine Haare, in erster Linie, haben meine Nerven die letzten Wochen über wirklich auf die Probe gestellt. Keine Strähne liegt so wie sie eigentlich liegen sollte und obwohl ich Braun eigentlich über meinem natürlichen Blond präferiere, wächst natürlich irgendwann der Ansatz raus und das stände Nachfärben ist nicht nur aufwendig und teuer, sondern auch haarschädigend. Und nachdem mir seit einigen Wochen immer mehr Haare ausfallen und Spitzen abbrechen, war das Fass nun endgültig voll. Veränderung musste her – also Haare ab, neues Pony, weil warum eigentlich nicht, und am liebsten auch noch zurück zur Naturhaarfarbe. Vor allem Letzteres ist übrigens gar nicht so einfach, wenn es sich dabei um blonde Haare handelt, die sowieso schon ziemlich geschädigt wurden. Ich bin allerdings kein sonderlich geduldiger Mensch und auch vollkommen unfähig mit Dingen zu leben, die mir permanent auf die Nerven gehen. Mental war ich also bereits gefährlich nah an dem Punkt angelangt, mir einen Rasierapparat zu nehmen und den Schädel kahl zu rasieren. (Ich bin übrigens sehr froh, dass ich das nicht gemacht habe, weil ich meinem Vater sehr ähnlich sehe und wir mit Glatze voneinander praktisch kaum noch zu unterscheiden sind. Per se habe ich natürlich kein Problem damit meinem Vater ähnlich zu sehen, aber das würde dann doch ein bisschen zu weit gehen. Aber weiter im Text.)

Da ich eine Frau der Tatsachen bin, kam es letzte Woche dann also zum Frisörbesuch. Frisörladenauswahlkriterium: ’Besitzer schneidet in seiner Freizeit ehrenamtlich Haare von Obdachlosen.’ – sollte die Frisur also in die Hose gehen, das war mein Hintergedanke, dann wenigstens durch die Hand eines wohltätigen Menschen. Und so ereignete es sich, dass ich letzten Donnerstag vollkommen planlos auf dem Wartesofa saß, Gesicht irgendwo ganz tief im Psychopharmakologie-Buch versteckt (ja, so schlimm war es mit der Nervosität) und mit Schrecken sah ich eine Kurzhaarfrisur nach der nächsten aus dem Laden spazieren. Das letzte Mal als ich eine richtig kurze Kurzhaarfrisur hatte, war das in der 5. Klasse und es war die Art von Frisur, die sich jemand mit Mitte vierzig schneiden lässt und die Frisöre anschließend mit ’Das sieht doch richtig pfiffig aus.’ beschreiben würden. Im Allgemeinen ist das ja auch kein Problem, aber mein pausbäckiges 11-jähriges Ich sah damit einfach nur sehr befremdlich aus. Da waren sie also, die schlimmen Anfang-Gymnasium-Haar-Flashbacks und ich saß wie angenagelt auf dem Sofa und gab mir alle Mühe mein Psychopharmakologie-Buch nicht vor Schreck durch den Salon zu schmeißen.

Jeder rationale Mensch hätte natürlich in Erwägung gezogen, einfach aufzustehen und zu verduften, aber ich war nun einmal da und hatte eben jetzt auch vor die Sache mit der neuen Frisur durchzuziehen. Haare sind am Ende ja auch nur Haare. Sie wachsen nach. Und das Schlimmste, was passieren kann, sind ein paar neue sehr peinliche Fotos, über die ich mich in spätestens drei Jahren köstlich amüsieren kann. Ich hatte irgendwann in der 6. Klasse zwischendurch auch mal ein dunkelblaues Pony – man kann also generell das Vorhandensein von Schmerzgrenzen bezüglich meiner Haare durchaus in Frage stellen.

Wie ist sie also ausgegangen, die Geschichte mit Haare-Schneiden? Gut, so viel sei schon einmal gesagt. Meine Haare sind zwar wesentlich kürzer – doch vor allem, weil sie wirklich kaputt waren und deshalb Einiges weichen musste. Pony ist vorhanden – und hat funktioniert. Kein einziges Studienbuch wurde durch Lokalitäten geschleudert. Und ich habe einen weiteren Termin, nachdem ich meine Haare in naher Zukunft mit Cola behandelt habe – das hilft nämlich dabei zum originalen Blond zurückzukommen ohne bei Orange zu landen. Wurde mir jedenfalls erzählt. (Falls sich also jemand fragen sollte, was ich so in meiner Freizeit mache: Colabehandlung der Haare. Jeder hat ja seine Hobbies.)

Die Moral von der Geschichte? Haare sind immer noch nur Haare. Und wenn man mal wieder einen kleinen Mutausbruch braucht, es aber nicht übertreiben will, kann man auch einfach zum Frisör gehen (wesentlich ungefährlicher als Fallschirmspringen). Denn alles wächst irgendwann wieder nach (außer Zellen des Zentralnervensystems – auf die sollte man wirklich gut aufpassen) und sollte irgendetwas mit der Frisur mal so richtig in die Hose gehen, habt ihr irgendwann wenigstens richtig amüsante Fotoalben. Ich spreche aus Erfahrung.