Es ist schon eine nicht nur gefühlte, sondern (wenn in Blog-Beständigkeit gemessen) tatsächliche Ewigkeit, dass ich den letzten Niederländisch für Anfänger Beitrag verfasst habe. Das letzte Jahr über gab es zwar durchaus viele Geschichten aus den Niederlanden und dem Leben zu berichten, aber es gibt so Sachen, die kann man nicht so locker flockig im Moment von der Seele schreiben. Ich muss zugeben, dass das letzte Jahr über einfach zu viel passiert ist, um Energie zu finden, ein wöchentliches Tagebuch darüber zu führen. Kommt selbst bei den kommunikationsfreudigsten Bloggern vor.
Jetzt, nachdem dieses turbulente letzte Jahr vorbeigezogen ist, bin ich nun irgendwie eine Woche vor Beginn meines letzten (hoffentlich letzten, I swear to god) Studienjahres gelandet. Hält sich die Begeisterung momentan noch etwas in Grenzen? Oh, absolut. Heute ist das erste von zwei neuen Studienbüchern gekommen, die ich fürs erste Semester soweit bestellen musste, und ich habe ganz bestimmt schon mal begeisterter beim Auspacken von Buchbestellungen ausgesehen. Doch die Zeit hält für niemanden an – und damit der alljährliche Studienbeginn auch definitiv nicht vor mir. Ob man sich nun auf den Kopf stellt oder nicht. (Nicht, dass ich praktisch gesehen überhaupt einen Kopfstand hinbekommen würde, aber ihr versteht die theoretischen Ansätze.)
Man kann natürlich nie versprechen, dass nicht demnächst wieder eine Reihe traumatischer Erlebnisse mein Privatleben heimsuchen werden, die mich dazu treiben, erst mal alle Türen und Fenster zu verriegeln und die komplette Harry Potter Reihe noch mal zu hören. Aber gehen wir jetzt einfach davon aus, die nächsten Wochen werden so ereignisreich, dass man über sie schreiben kann, aber nicht so ereignisreich, dass ich mir einen neuen Therapeuten suchen muss. Wenn die Wochen also das richtige Ereignisreich-Level treffen, dann denke ich, würde ich mich gern an sie erinnern, wenn ich irgendwann alt und grau bin. Das letzte Bachelor-Jahr. Das erste Jahr vom Ende. Die beginnenden Zwanziger. Dies ist eine aufregende Zeit und wie könnte man sie besser dokumentieren als via Blog? (Per Tagebuch vielleicht, aber ich verlege meine Notizbücher andauernd und außerdem bin ich nicht gut darin, täglich über Dinge zu schreiben und wöchentlich funktioniert ein bisschen besser.) Aus diesem Grund – und weil es mir zu öde wird, nur die Montagsfrage zu veröffentlichen – kehrt die Niederländisch für Anfänger Kategorie jetzt also erst einmal zurück. Und, meine Freunde, gleich mit einem Knall.
Sprichwort: Im Haushalt passieren die meisten Unfälle. Statistisch gesehen. Habe ich jedenfalls irgendwann einmal gehört. Seit letztem Montag kann ich euch davon durchaus ein Liedchen singen, denn mein Freund hat sich beim Mozzarella-Schneiden ein (sehr neues und deshalb noch sehr, sehr scharfes) Messer in den Fuß fallen lassen. Ja, in den Fuß, Spitze zuerst. Und weil das Messer dabei eine Vene (Arterie? Ich weiß es nicht. Jedenfalls eine etwas dickere Ader) getroffen hat, sah es bei uns gestern Abend aus als wäre einer von uns angeschossen worden. Quentin Tarantino Filme gegen unser Wohnzimmer? Ha! Ein Scherz! (Nein, so schlimm wie Django Unchained war es dann doch nicht, aber es hat schon ziemlich heftig geblutet.) Und ich habe mich letztens noch gefragt, ob ich denn überhaupt genug Content habe, um wöchentliche Niederländisch für Anfänger Updates zu schreiben.
Aufmerksame Leser dieses Blogs wissen nun bereits, dass ich mittlerweile durchaus Erste-Hilfe-Erfahrung besitze und mithilfe meines IKEA-Notfallsets habe ich gestern das erste Mal in meinem Leben einen Druckverband angelegt. Glücklicherweise ging der Schnitt nicht zu tief und die Blutung hat von allein gestoppt, aber da mein Freund seine Tetanus-Impfung nicht regelmäßig aufgefrischt hat, sind wir also Abends um elf mit dem Taxi erst einmal zur Bereitschaftsärztlichen Notfallstelle und haben das gleich erledigt.
Freund und Fuß geht es ausgezeichnet, in den letzten paar Stunden steckten in unserem Haushalt keine Messer mehr in Objekten, in denen sie nicht stecken sollten und mit ein bisschen Glück schaffen wir es dann auch nächste Woche einmal durch den Montag, ohne dass einer von uns den Notruf wählt. Daumen drücken!
Ich fühle mich oft mit medizinischen Notfallen, Verletzungen und, selbst im allgemeinsten Sinne, einfach nur Vorsorgeuntersuchungen sehr überfordert. Das ist eine Sache am Erwachsenen-Leben, die ich liebend gern an die etwas erfahreneren Erwachsenen abgeben und auch schön da lassen wollen würde. Das Organisieren von regelmäßigen Terminen für Impf-Auffrischungen und Zahnreinigungen ist ein rotes Tuch für mich. Geschweige denn die Entscheidung, wann man den Notarzt ruft, wie Notfall ein Notfall wirklich ist und, überhaupt, das teilweise alles in einer anderen Sprache auszufuchsen.
Ich bin jetzt einundzwanzig Jahre alt und muss zugeben, dass meine Mutter oft immer noch die deutschen Arzttermine für mich regelt. Niederländische Arzttermine und generelle Notfälle fallen zwar einhundertprozentig in meinen Zuständigkeitsbereich – aber ja, die deutschen Standardtermine sollten das eigentlich auch. Das Problem: Überforderung damit, eine Übersicht zu verschaffen. Was genau brauche ich? In welchen Abständen? Welche Vorsorgeuntersuchungen sind jetzt wichtig und an welche muss ich in ein paar Jahren denken? Überhaupt: welche Fachärzte sollte man aufsuchen und, in meinem Fall, macht es Sinn, sich dabei weiterhin auf Deutschland zu konzentrieren, oder bei manchen Fachärzten langsam aber sicher vollkommen in die Niederlande zu wechseln? Und: Wie weiß ich, wann etwas wieder von allein weg geht und was ich besser überprüfen lassen sollte?
Organisatorisch bin ich wirklich nicht vollkommen inkompetent, aber die Aufrechterhaltung meiner Gesundheit überfordert mich enorm und raubt mir, durchaus, manchmal den Schlaf. (Und dann ist Schlaf auch noch die beste Medizin! Was für ein Teufelskreis!) Ist das ein Problem meiner Generation? Oder einfach nur meiner Person? Oder denkt sich insgeheim auch jeder andere: Verdammt, wie halt ich mich denn jetzt nun selbst am Leben?
Ich habe momentan permanente Sorge über- und/oder unterzureagieren. Bestes Beispiel ist der Zuckerschock, den ich vor anderthalb Wochen hatte: Ich werde im Oktober, wenn ich wieder in Deutschland bin, wahrscheinlich näher untersuchen lassen, ob das nur ein schlechter Tag war oder eine unterliegende Ursache hat. Ist das jetzt unter- oder überreagiert? Reagiere ich über, wenn ich meinen Freund wegen der Tetanus-Impfung noch am Abend eines Unfalls in ein Taxi verfrachte und das gleich erledige oder hätte das noch bis zum nächsten Tag warten können? Wie weiß ich, welche Abnormalitäten meines Körpers dem Hausarzt vorgeführt gehören und was einfach Dinge sind, die jeder hat, und die keinem Sorgen machen sollten.
In meinem Fall kommt, wie bereits erwähnt, erschwerend hinzu, dass ich in einem anderen Land mit einem vollkommen anderen Gesundheitssystem lebe und mich hier halb Englisch/halb Niederländisch durchwursteln muss. Es ist schon schwierig genug, selbst nichts von diesen Entscheidungen Rund um die Gesundheit zu verstehen, geschweige denn, nicht verstanden zu werden, von denen, die Ahnung haben. Bitte, man gebe mir eine übersichtliche Website oder App, ein gut geschriebenes Buch oder auch einfach nur ein bisschen Tätscheln auf den Rücken, gefolgt von einem „Wird schon, Antonia.”
Ich bin sicher, dass ich in ein paar Jahren herzlich darüber lachen kann, wie wenig ich wusste und wie überfordert ich mit diesen Dingen war. Das ist der Lauf des Erwachsen-Werdens. Man macht alles ein erstes Mal und irgendwann ein zweites und spätestens beim dritten ist es dann schon fast Routine. Aber der Weg der Routine-Findung. Puh. Das ist ein ganzes Stück Arbeit und es kann wirklich Angst machen. (Darüber zu schreiben tut allerdings sehr gut, da ich mich bereits fühle als hätte ich mir die Sorgen von der Seele geschrieben und sie gleichzeitig ein bisschen geordnet.)
Für heute und für diese Woche beende ich nun jedenfalls erst einmal den Niederländisch für Anfänger Beitrag, weil ich alt werde und mein Rücken schmerzt und ich deshalb jetzt dringend ins Bett muss. (Physiotherapeut! Setzen wir auf die Potenzielle-Fachleute-die-Antonia-braucht-um-einhunderzwei-zu-werden-Liste.) Ich wünsche euch eine gute Mitte der Woche, einen besseren Rest und möglichst wenig notwendigen Kontakt zum Gesundheitswesen.
Mir ging es seinerzeit ganz ähnlich und ich habe es auch geschafft, daher: Wird schon, Antonia! 🙂
Was Über- bzw. Unterreaktionen in medizinischer Sicht angeht, so denke, dass man lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig zum Arzt gehen sollte. Was natürlich nicht bedeutet, mit einer Erkältung in der Notaufnahme aufzuschlagen. Im Laufe der Zeit bekommt man dafür ein Händchen.
Sollte man die Ärztin bzw. den Arzt seines Vertrauens zu oft unnötig frequentieren, werden es einen die dort tätigen Arzthelferinnen ohnehin merken lassen … 🙂
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Danke! Da bin ich ja froh, dass ich nicht die einzige Person bin, die damit an irgendeinem Punkt mal überfordert war. Es ist wahrscheinlich wirklich die Routine, die Dinge weniger einschüchternd werden lässt. Wie sagt man so schön? Einen Schritt vor den nächsten setzen, dann wird das schon.
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Ich kann mir fraggle nur anschließen. Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig den Hausarzt nerven. 😀 Ich habe das früher auch nie so genau genommen und bin dann, statt mal zum Arzt zu gehen, wochenlang mit Husten herum gelaufen. Tat meinen Bronchien jetzt nicht unbedingt gut. 😛
Und für alles weitere bekommt man im Laufe der Zeit ein Gefühl, wie dringend es ist. Ich warte meistens auch erstmal 1-2 Tage ab, ob es mir von alleine wieder besser geht (es sei denn, ich fühle mich nicht in der Lage, arbeiten zu gehen…).
Und bzgl der Impfungen: Ich habe in meinem Impfpass einen Zettel kleben, in welchem Jahr ich mit welcher Impfung wieder hin muss. Das hilft. 😉
Schöne Grüße
Alica
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Das mit dem Zettelchen im Impfpass finde ich eine gute Idee. Gerade bei Impfen muss ich ganz dringend einen Überblick bekommen, das steht ganz oben auf der Liste, wenn ich das nächste Mal in Deutschland bin (meinen Impfpass habe ich damals Zuhause gelassen).
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