Die Montagsfrage #34 – Prequel oder Sequel?

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April fast rum und bei uns in der Familie gibt es diese Woche eine ganze Reihe Geburtstage, für die ich (Maiferien sei Dank) dieses Jahr mit Freund im Schlepptau in der alten Heimat vorbeischeien kann. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber der Mai ist einer meiner absoluten Lieblingsmonate und ich kann es kaum noch erwarten, wenn sich mit ihm endlich sommerlichere Wetterverhältnisse einstellen. Theoretisch jedenfalls — ich will es nicht verschreien, da das Wetter momentan sowieso ein bisschen verrückt spielt.

Lesetechnisch bin ich immer noch mitten im Harry Potter-Universum und höre sobald ich zurück in der Unistadt bin dann auch den vierten Band zu Ende (gefolgt von fünf, sechs und sieben, Hörbücher sind großartig). Bei meinen Eltern lese ich momentan Breaking the Spell von Daniell Dennett für eine Facharbeit, an der ich im Mai arbeiten werde. Und ansonsten genieße ich einfach die Anwesenheit eines vollen Kühlschranks und meiner Katzen — nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.

Soweit, so gut sieht es jedenfalls bei mir an diesem letzten Montag im April aus und da zum Montag natürlich (wie gewöhnlich) die Montagsfrage mit dazugehört, folgt diese jetzt — ganz einfach.

Prequel oder Sequel?

Es gibt einfach Bücher, die sind zu kurz, egal wie lang sie eigentlich sind. Welten, in die man vollkommen eintaucht und aus denen man sich am allerliebsten gar nicht mehr so wirklich verabschieden will. Leider muss man das allerdings bei den meisten Büchern früher und wenn man Glück hat auf jeden Fall später. Vor allem, wenn einem geliebte Charaktere über Buchreihen hinweg ans Herz gewachsen sind, ach, das kann schwer sein. Ganz zu schweigen davon, dass oft während Büchern alternative Handlungsstränge offen bleiben, die theoretisch noch weiter ausgebaut werden könnten, die aber den Rahmen des Werkes sprengen. Eine einfache Lösung ist in beiden Fällen natürlich die Erschaffung eines weiteren Buches oder gar einer weiteren Buchreihe, die Aspekte, die entweder vor der bereits bekannten Geschichte oder nach Beendigung der Geschichte spielen. Also Prequels oder Sequels, im Fachjargon.

Die heutige Montagsfrage — unschwer zu erkennen — dreht sich genau darum. Was ist eigentlich besser: Vorgeschichte oder Nachgeschichte des Lieblingsromans oder der Lieblingsreihe? Ist es schöner zu wissen, wie es weitergeht — oder viel interessanter die Hintergründe anderer Charaktere der Lieblingsbücher zu erfahren? Prequel oder Sequel also? Vergangenheit oder Zukunft, ganz dramatisch ausgedrückt.

Ich weiß nicht, wie es den anderen Teilnehmern geht, aber ich finde diese Frage zum einen interessant (da bin ich aber vorbelastet, weil ich sie mir ja schließlich zusammengedichtet habe) und zum anderen sehr schwierig. Ja. Prequel oder Sequel. Das kommt im Prinzip ja ganz auf das Buch oder die Reihe an. Wenn es eine Vorgeschichte oder Charaktere Prä-Hauptgeschichte gibt, die den Geist und den gewissen Reiz des Originals weitertragen können, dann würde ich immer ein Prequel wählen. Müsste ich wählen zwischen Fantastic Beasts (Prequel) und Cursed Child (Sequel), würde Fantastic Beasts mit Abstand gewinnen — abgesehen davon, dass ich, wie in vorherigen Beiträgen bereits erörtert, den zweiten Teil nicht sehr mochte. Fantastic Beasts funktioniert, weil Newt ein interessanter Charakter ist und die Zeit um Grindelwald durchaus etwas zur Geschichte Zaubererwelt hinzufügt. Es ist interessant und es ist voll mit Dingen, die man bisher noch nicht wusste. Und das ist schön.

Dahingegen gibt es natürlich auch Geschichten, die wesentlich besser als Sequel weitergeführt werden sollten. Die Percy Jackson-Reihe zum Beispiel hat mit Helden des Olymp und den folgenden Reihen so gute Erben gefunden und so ein tolles Universum gebaut, hach, dafür müsste man Rick Riordan eigentlich mindestens ein Mal im Monat eine nette Postkarte und eine Schachtel Pralinen schicken. Percy Jackson als Prequel wiederum hätte mich wahrscheinlich nicht so interessiert. Die Reihe ist in sich zwar ein abgeschlossenes Abenteuer, doch die Sequels haben neue Charaktere, neue Aspekte und so weiter hinzugefügt, die den originalen Geschichten etwas dazugegeben haben. Man hat immer noch Percy dabei, der ein toller Charakter ist (und im Prequel ohne Halbgott-Fähigkeiten eher blass ausgesehen hätte), aber die griechischen (und römischen und nordischen) Geschichten geben noch so viel her, dass nach der originalen Reihe eben nicht Schluss sein musste. Percy hatte zum Ende von Percy Jackson als Hauptcharakter noch nicht die Höhe der Absurditäten erreicht und bestimmt noch nicht den schwierigsten Kampf gekämpft — deshalb haben (meiner Meinung nach) die Sequels hier so gut funktioniert. Man konnte die originale Geschichte noch topen und zusätzlich der Welt neue Charaktere mitgeben, die die ganze Sache ein wenig auffrischen.

Harry Potter und Voldemort wiederum? Das war einfach die abgeschlossene Sache. Es war nicht eine große Aufgabe (wie bei Percy Jackson, würde ich argumentieren) — sondern die Aufgabe, die so mit Harry verwachsen war und so einzig und allein mit ihm assoziiert, dass alles, was danach kommt, interessant, aber nicht ansatzweise so gut sein könnte. Versteht mich nicht falsch, ich mochte (im Gegensatz zu vielen) The Cursed Child (obwohl es sicher seine Fehler hat), aber man kann Voldemort für Harry nicht mehr topen. Und man sollte ihn auch nicht (nicht einmal nur ein winziges bisschen wie bei The Cursed Child) wiederbeleben. Das ist nicht im Geist der Geschichte, die Voldemort am Ende ja menschlich gemacht hat. Aber gut, darüber kann man sich (wie über fast alles im Leben) sicher streiten.

Es ist also ganz eine Frage der Perspektive, die man im Prinzip mit zwei Fragen zusammenfassen könnte. Erstens: Ist die Welt, in der eine Geschichte spielt, größer als der Charakter, den man begleitet? Und zweitens: Ist das Abenteuer des Charakters so final abgeschlossen, dass alles, was danach kommt, niemals die originale Quest erreichen könnte?

Kann man die erste Frage mit JA und die zweite mit NEIN beantworten, dann bietet sich ein Prequel an. Wenn die Welt faszinierender als der Hauptcharakter ist und die Zeit des Hauptcharakters abgeschlossen, dann tauscht den Hauptcharakter aus und dann erzähl mir, was es über die Welt zu erzählen gibt. Ich würde jedes Harry Potter Prequel lesen, das mir vor die Füße geschmissen wurde, weil diese magische Welt so breitgefächert und so faszinierend ist und so viele interessante historische Persönlichkeiten hat, die nur am Rande erwähnt werden — da ist absolut viel Potenzial da.

Kann man die erste Frage mit NEIN (und alternativ auch mit JA) und die zweite mit JA beantworten, dann bietet sich ein Sequel an. Wie bei Percy Jackson. Hauptcharakter hat großes geleistet, aber es ginge noch zu steigern? Ist noch nicht alles auserzählt? Und der Charakter sympathisch? Dann her mit dem Sequel. Ich lese auch noch fünf weitere Rick Riordan Percy Jackson Follow-Up Bücher. Der Charakter ist sympathisch und seine Geschichte ist einfach noch nicht abgeschlossen.

Und kann man die erste Frage mit NEIN und die zweite Frage ebenfalls mit NEIN beantworten, dann bitte, um Himmels Willen, man lasse die Reihe so wie sie ist und steige auf ihrem Höhepunkt aus. Es bringt nichts, Geschichten in die Unendlichkeit zu strecken, obwohl sie eigentlich abgeschlossen sind. Und es tut weder den Charakteren, noch den Fortsetzungen und in den schlimmsten Fällen auch nicht den Originalen gut.

Welche Frage man für welche Bücher mit JA und für welche mit NEIN beantworten kann, ist natürlich eine ganz eigene Geschichte. Und ob man solch ein komplexes Thema überhaupt mit zwei Fragen zusammenfassen kann, darüber kann man sich natürlich auch streiten. Ich finde es jedenfalls sehr spannend zu fragen, was man an Büchern mehr mag: Die Vorgeschichten oder ein hinausgestrecktes Ende. Und ich freue mich schon sehr, auch eure Antworten darauf bald zu lesen.

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