Die Montagsfrage #57 – Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern? (Der Büchernarr)

Guten Morgen zu einer weiteren Montagsfrage und gleichzeitig der letzten Montagsfrage im Monat Oktober! Ja, es ist offiziell, das Jahr ist fast vorüber und, wie sagt man so schön: Kinder, Kinder, wo ist die Zeit hin?

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit meiner Plattform („Plattform“) nutzen und für der Jahreszeit gerechten Kleidung werben. Gestern habe ich nämlich den großen Fehler begangen und bin relativ dünn angezogen zu einem Abendessen mit Freunden gefahren und bin jetzt Montags total verschnupft aufgewacht. Die Naivität der Jugend! Nicht nur die Zeitumstellung passiert, ohne dass man sie so wirklich mitbekommt, sondern eben auch die Unterkühlungen — also Vorsicht!

Die heutige Frage kommt von Frank (Der Büchernarr) und ist tatsächlich eine dieser Fragen, die mir selbst schon eine Weile unter den Nägeln brennt. Ich habe eine vage Erinnerung daran, dass ich zu diesem Thema vor vielen Monden (vielen Monden) tatsächlich schon einmal einen Beitrag auf meinem alten Blog geschrieben habe – damals als Reaktion auf einen Artikel, in dem es um die Blogger vs. professionelle Literaturkritiker Frage ging, aber eine Montagsfrage zum Thema bietet sich wirklich an.

Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern? (von Der Büchernarr)

Seit Beginn meines Bloggerdaseins sehe ich mich (und andere Blogger) nicht im Geringsten als „Online-Literaturkritiker,“ und Literaturkritiker, gleichermaßen, nicht als altmodische Blogger. Oberflächlich werden natürlich sowohl von Buchbloggern als auch von Literaturkritikern Bücher beurteilt – doch alles, worum es im Detail dann wirklich geht, ist so unterschiedlich, dass ich die Tätigkeiten als grundverschieden einstufen würde.

Für mich ist der Beruf eines Literaturkritikers der Versuch einer objektiven Beurteilung eines Werkes, bei dem vor allem die Einordnung des Buches in einen gewissen Kontext im Vordergrund steht. Die Tätigkeit des Buchbloggens wiederum ist ganz offen ein rein subjektiver Erfahrungsbericht des Leseerlebnisses und die Einordnung in den Kontext ist nicht ganz so herausgestellt. An dieser Stelle kann man sich natürlich über Definitionen streiten. Und ja, auch ich versuche natürlich als Buchblogger einen Grad Objektivität zu wahren, aber letztendlich ist dies mein Blog, mit meinem Namen unter jedem Beitrag. Machen wir uns mal nichts vor. Wenn ich versuche mir meiner eigenen Subjektivität beim Schreiben einer Rezension bewusst zu werden, dann vor allem, um darüber in der Rezension zu reflektieren, nicht aber um sie außen vor zu lassen. Darum geht es beim Bloggen nicht. Sonst, nun ja, hätte man lieber Literaturkritiker werden sollen.

In dem Artikel, auf den ich damals auf meinem alten Blog reagiert habe, wurde genau diese extreme (und offene) Subjektivität am Blogger-Dasein kritisiert. Diese Neigung, Sätze überproportional oft mit „Ich“ zu beginnen und sich dabei als „Möchtegern-Literaturkritiker“ zu sehen. Ich habe damals zurück-kritisiert, genau wie ich heute kritisieren werde, dass Rezensieren auf dem eigenen Blog sich vom Rezensieren in Zeitungen und Magazinen unterscheidet. Das „Ich, ich, ich“ gehört zum Social Media-Hintergrund des Bloggertums dazu. Das kann man gut finden oder vollkommen neben der Spur – wie grundsätzlich alles, an Social Media (oder, um mal ein bisschen philosophisch am Montag zu werden, an so ziemlich allem überhaupt). Aber wie mit dem Rest von Social Media geht es nicht darum, wie man es nun findet, sondern was man daraus macht.

Ich sehe Social Media-Plattformen jedweder Art in vielerlei Hinsicht sehr kritisch. Instagram, YouTube, Facebook und Twitter sind Brutkästen für ausgeprägten Narzissmus und jede Plattform, die dem Ich ebenfalls alleinige Plattform gibt, füttert da (vielleicht zu einem kleineren Teil, aber trotz dessen) mit hinein. Es ist ein schöner Gedanke, dass sich theoretisch jeder Gehör verschaffen kann, aber in der Praxis verschafft das eben oft Leuten Gehör, die ganz objektiv betrachtet keine guten Menschen sind. Social Media hat verändert wie wir Dinge beurteilen und welche Entscheidungen wir konsequenterweise treffen. Und das beeinflusst solch relativ banale Dinge wie Buch-Rezensionen genauso wie demokratische Systeme.

Ich verstehe, wieso man die Tätigkeit „Bloggen“ als Journalist oder professioneller Kritiker oberkritisch sieht, eben weil es so eine Gefahr mit sich bringt, Meinungen extrem zu manipulieren und zu polarisieren. Doch, wie oben bereits erwähnt, geht es nicht nur darum, welche Gefahren so etwas birgt, sondern auch welches Potenzial. Das konsequente „Ich“ in Blogbeiträgen gibt auch viel Freiheit und damit Menschen und Randgruppen eine Plattform, die der kommerzielle Markt bisher nicht gegeben hat. Wenn jeder die Möglichkeit zu rezensieren was und wie er will, dann lässt sich auch Literatur auseinandernehmen, über die sich der Otto-Normal-Literaturkritiker nie Gedanken machen würde. Das macht noch lange nicht jedes Buch dann auch wirklich rezensierenswert, aber es erhöht definitiv die Bandbreite und kann, vor allem für kleinere Autoren und Newcomer etwas Gutes sein.

Ganz zu schweigen davon, dass Blogger-Communities ganz anders sind als die zusammengefasste Masse an Lesern von Tageszeitungen. Mehr Kommunikation ist natürlich auch hier nicht unbedingt gut, doch gerade in der Blogsphere der Buchblogger finde ich, gibt es eine ganze Menge Naturaus entspannter Leute, mit denen man gut klar kommen kann und unter denen man vielleicht sogar den ein oder anderen Freund findet.

Das Buchbloggen hat sich vor einem sehr anderen Hintergrund entwickelt als die Literaturkritik – und beide Ansätze, abgesehen von der Grundprämisse „Beurteilung eines Buches“, sind genauso grundverschieden. Beides hat seine Vor- und Nachteile, letztendlich ist beides allerdings unterschiedlich und es vor den Zielen des anderen zu vergleichen, wird der Sache nicht gerecht.

Das Schöne am Bloggen ist natürlich, dass ihr nicht im Geringsten meiner Meinung sein müsst. Wie ihr also die heutige Montagsfrage beantwortet, bleibt mal wieder ganz allein euch überlassen – und ich bin bereits sehr gespannt zu sehen, was ihr dazu zu sagen habt!

Ihr wollt euren Beitrag teilen? Um ihn verlinken zu lassen, kommentiert bitte mit einem Link unter diesen Post. Ich verlinke anschließend in chronologischer (Kommentar-)Reihenfolge. Das Banner darf natürlich kopiert werden. 

Noch nicht genug von der Montagsfrage? Hier geht es zur Montagsfrage der letzten Woche und hier zur Liste aller auf diesem Blog erschienenen Montagsfragen.

P.S.: Ich werde die verpassten Verlinkungen eurer Beiträge unter den letzten Montagsfragen diese Woche aufholen, jetzt da meine Examen dem Ende zu gehen und ich wieder Luft zum Atmen habe. Vielen Dank für euer Verständnis bis dahin!

  1. Aequitas et Veritas
  2. Andreas Kück Leselust
  3. Der Büchernarr
  4. Marie’s Salon du Livre
  5. Buchweiser
  6. wortmagieblog
  7. Vanessas Literaturblog
  8. Torsten’s Bücherecke
  9. Minor Herba
  10. Wortgestalten
  11. Buchpfote
  12. Wordworld
  13. Phantasius
  14. Lieschen Liest

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Comments

27 Antworten zu „Die Montagsfrage #57 – Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern? (Der Büchernarr)”.

  1. Avatar von Montagsfrage. | Aequitas et Veritas

    […] Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern? […]

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  2. Avatar von Aequitas et Veritas

    Guten Morgen, Antonia und ihr anderen! Ich wünsche euch eine schöne Woche! Hier mein heutiger Beitrag:

    Montagsfrage.

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  3. […] ist mir die Montagsfrage heute zu nervig. Das liegt nicht an der Frage an sich, es ist eine tolle Frage, aber ich habe das […]

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  4. Avatar von Der Büchernarr

    Hallo zusammen,

    zum Glück wurde die Frage nach den Herbstferien gestellt. Wie blöd, wenn meine Frage gekommen wäre und ich beantworte sie nicht 😀 Aber so kommt hier meine Antwort:

    https://buechernarr.org/montagsfrage-57-wie-sehen-sich-blogger-im-vergleich-zu-professionellen-literaturkritikern/

    Viele Grüße
    Frank

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  5. Avatar von Marie's Salon du Livre

    Hallo Antonia,

    was für eine tolle und interessante Frage – die beschäftigt die Bloggerszene schon so lange 🙂

    Mein Beitrag

    Ganz liebe Grüße aus Tirol
    Marie

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  6. Avatar von mariessalondulivreat

    Hi Antonia,

    möglich, dass mein Post doppelt ist, weil ich PC Probleme hatte 🙂

    Eine wirklich tolle und interessante Frage, die in der Bloggerszene schon lange herum geistert 🙂

    Mein Beitrag

    Ganz liebe Grüße aus Tirol
    Marie

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  7. Avatar von Sonja

    Selbstverständlich bin ich Literaturkritikerin!
    https://wordpress.com/post/buchweiser.com/11319

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    1. Avatar von nomadenseele

      Ich komme da nicht auf einen Artikel bei dir. Der Kink ist falsch.

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      1. Avatar von nomadenseele

        Das passiert schnell.

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  8. Avatar von wortmagieblog

    Hallo Antonia,

    meiner Meinung nach existiert keine Konkurrenz zwischen professionellen Literaturkritiker_innen und Buchblogger_innen, weil wir völlig unterschiedliche Angebote machen. Ich finde, ein Vergleich ist deshalb überflüssig und unpassend.

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Viele liebe Grüße,
    Elli

    Gefällt 1 Person

  9. Avatar von Vanessa

    Hallo ihr Lieben,

    anbei meine Antwort zur Montagfrage: https://vanessas-literaturblog.de/2019/10/28/montagsfrage-28-oktober-2019/

    Liebe Grüße
    Vanessa Möschner

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  10. […] fragt Antonia danach, wie sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern sehen. Ein sehr […]

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    1. Avatar von nomadenseele

      Zumindest, wenn deren Blog für mich identifizierbar ist.

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  11. Avatar von Torsten's Bücherecke

    Nachdem ich einige Monate in den USA war, versuche ich mal den Wiedereinstieg:

    https://www.torstens-buecherecke.de/7000/

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  12. Avatar von Montagsfrage: Bloggen im Vergleich zu professioneller Literaturkritik? | Unkraut vergeht nicht….oder doch?

    […] Wer nicht weiß, was die Montagsfrage eigentlich ist, kann hier nachlesen und zur aktuellen Montagsfrage (mit Teilnehmerliste) geht es hier. […]

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  13. […] Wesentlichen, warum wir „hier“ sind: die Montagsfrage. Diese wird allwöchentlich gestellt von Antonia von Lauter-und-Leise.com. Heute möchten Sie und Frank, Der Büchernarr […]

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  14. Avatar von sanne1978

    Hallo Antonia,

    hier meine Antwort zur heutigen Montagsfrage:

    MoFra: Blogger im Vergleich zum Literaturkritiker?

    Viele Grüße
    Susanne aka Wortgestalten

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  15. Avatar von Tina

    Guten Abend Antonia,

    mal abgesehen von den Unterschieden gibt es ja auch noch die Gemeinsamkeit.

    https://buchpfote.de/montagsfrage-vom-28-oktober-2019/

    Liebe Grüße
    Tina

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  16. Avatar von Wordworld

    Liebe Antonia,

    hier ist (leider mal wieder etwas verspätet) mein Beitrag zu der sehr interessanten Frage:

    https://w0rdw0rld.blogspot.com/2019/10/montagsfrage-281019.html

    Liebe Grüße und eine schöne (kurze) Restwoche
    Sophia

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  17. Avatar von Phantasius

    Hallo allerseits! Ich bin etwas spät dran, aber hier ist meine kurze Antwort zur Frage:

    https://phantasius.blogspot.com/2019/10/montagsfrage-57-wie-sehen-sich-blogger.html

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  18. Avatar von Lisa [LieschenLiest]

    Da ich im Studium Schwerpunkt Lit-Kritik wählte, war das für mich eine besonders spannende Frage. Meine Antwort gibt es hier:

    [Montagsfrage] Literaturkritik vs. Buchblog?

    Liebe Grüße
    Lisa

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  19. Avatar von Die Montagsfrage #58 – Gab es dieses Jahr eine von dir erwartete Neuerscheinung, die dich enttäuscht hat? – Lauter&Leise

    […] nicht genug von der Montagsfrage? Hier geht es zur Montagsfrage der letzten Woche und hier zur Liste aller auf diesem Blog erschienenen […]

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