Die Montagsfrage #73 — Welche Klischees haben für euch wirklich ausgedient?

Hallo meine Lieben und willkommen zurück zu einer weiteren Montagsfrage. Ich grüße euch heute wesentlich gesünder als noch letzte Woche, aber gleichzeitig nach einem sehr anstrengenden (’aufreibenden’ wäre vielleicht das bessere Adjektiv) Wochenende. Und mit einigen Minuten Verspätung. (Entschuldigung dafür.)

Ich möchte ganz ehrlich mit euch sein, ich hatte das letzte Wochenende über den Kopf ziemlich voll mit privat-familiären Dingen, die mir die letzten zwei Tage über das Schreiben recht erschwert haben. Sollte ich heute also nicht allzu gesprächig bei der Montagsfrage sein, ich bitte um Verständnis. Ich wollte sie nicht eine weitere Woche ausfallen lassen (das Leben muss schließlich weiter gehen, auch wenns schief geht), aber mir fehlt momentan mein üblicher Wortfluss.

Welche Klischees haben für euch wirklich ausgedient?

Es gibt ja eine ganze Menge Klischees, die sich so durch die jüngere Literaturgeschichte ziehen. Die unschuldige schüchterne Protagonistin verliebt sich in den rebellischen männlichen Love Interest mit einer dunklen Vergangenheit. (In Fantasy-Romanen ist das Mädchen an dieser Stelle auch noch magisch und irgendwie ’auserwählt’ und man kann sich nicht sicher sein, ob dem Love Interest zu trauen ist, aber im Verlaufe des Buches stellt sich heraus, dass der durch den Antagonisten seine Familie verloren hat und deshalb emotional niemanden an sich heranlassen kann. Bis er die Protagonistin getroffen hat — offensichtlich.)

Die Tatsache, dass Protagonistinnen, mit denen man sich identifizieren soll, immer Außenseiter sind und allerhöchstens eine Freundin haben, die sie schon ewig kennen und die aber bitte etwas unattraktiver als die Protagonistin sein soll. Protagonistinnen, die sich nicht bewusst sind, wie unheimlich attraktiv sie eigentlich sind. Und die noch nie einen Freund hatten. Bis sie das obligatorische Umstyling durchmachen und sich durch die Aufmerksamkeit eines Mannes ihrer eigenen Schönheit bewusst werden.

Das sind nun vor allem Klischees, die YA-Bücher (u.a. mit Fantasy-Anteil) bedienen. Und, versteht mich nicht falsch, Klischees zu bedienen muss nicht immer schlecht sein. Nicht jedes Buch muss sein eigenes Genre neu erfinden (nicht jeder kann Mary Shelley sein, ich bitte euch) — und wenn ich mal so richtig Lust auf YA-Fantasy-Bücher habe, dann gern auch mit Klischee, wo wir schon mal dabei sind.

Aber natürlich geben wirklich gute Bücher den Klischees einen gewissen Dreher, spielen mit ihnen — oder brechen sie gar. Weil Klischees, so gemütlich man es sich in ihnen machen kann, eben auch ihre Limitation haben, wenn es darum geht vielfältige Charaktere zu beschreiben. Vielleicht will ich drei Bücher über attraktive, aber sich dessen nicht bewusste Außenseiter lesen, mit einer besten Freundin und einem bad boy Love Interest. Aber ein viertes? Irgendwann reicht es mit Zeilen wie ’Sie strich sich die widerspenstige Strähne aus dem Gesicht’ oder ’Sie zwang ihre widerspenstigen Haare in einen Zopf’ (Ganz ehrlich — was ist das mit den Protagonistinnen und ihren bad hair days?)

An dieser Stelle lohnt es sich natürlich anzumerken, dass nicht jedes YA-Fantasy-Buch diese Klischees bedient. Die Klischees, die stereotypisch von YA-Fantasy-Büchern bedient werden, sind mir nur mehr bekannt als die, die zum Beispiel Kriminalromane bedienen — weil ich in meinem Leben mehr YA-Fantasy-Bücher gelesen habe als Kriminalromane. Solltet ihr also riesige YA-Fantasy-Fans sein, dann springt mich am Montagmorgen bitte nicht an, ich bin immer offen für Bücher dieses Genres, die einen anderen Weg gehen und, wie bereits erwähnt, selbst wenn sie Klischees bedienen, ist das per se kein Problem.

Es wird zum Problem, wenn alle Klischees immerzu bedient werden, ohne dem ganzen wirklich das gewisse Extra (oder das gewisse Anders) zu geben. Und vor allem, wenn das darin mündet, dass viele weibliche YA/YA-Fantasy Charaktere nach ein und dem selben Schema verlaufen. Sie sind nicht beliebt, aber bitte attraktiv. Und wenn sie nicht attraktiv sind, dann lernen sie die eine Person kennen, die attraktiv ist und am Ende des Buches haben sie zumindest einen attraktiven Freund. Mit einer dunklen Vergangenheit. Der sich immer durchs Haar fährt, wenn er nervös wird. Und vielleicht ein Motorrad hat. Was die Protagonistin scheiße findet, weil sie relatable sein soll und deshalb erst mal alles an diesem klischeehaften Bad Boy scheiße findet — bis sie eben doch entdeckt, dass er die ganze Zeit attraktiv war und das Motorrad eben doch nicht so schlecht ist.

Mich stören also, um es zusammenzufassen, vor allem Protagonistinnen (oder generell weibliche Charaktere), mit denen man sich identifizieren können soll, die allerdings oft flach geschrieben werden und deren einzige Charaktereigenschaft ’mag kein mainstream, aber Nerd-Kultur’ ist (oder die in YA-Romanen, die in High Fantasy Situationen spielen zumindest diesen Vibe abgeben). Und die, obwohl sie die ’Außenseiter’ sind, eigentlich total unfreundliche und snobistische Menschen anderen gegenüber sind.

Versteht mich nicht falsch, ich liebe Nerd-Kultur. Aber ich hoffe doch, dass das nicht meine zentrale Charaktereigenschaft ist. Und auch, dass ’anders sein’ nicht per se impliziert, dass man alle, die gern rosa tragen oder Zeit damit verbringen sich vor der Schule (die Protagonistin ist natürlich immer Klassenbeste, habe ich ganz vergessen zu erwähnen) zu schminken, grundsätzlich blöd findet. Das ist nicht relatable, das ist gemein und sehr oberflächlich.

An dieser Stelle, natürlich, wer bin ich überhaupt hier Steine zu werfen? Meine eigenen zwei Protagonisten sind Männer — aber ich hoffe doch, dass sowohl die als auch die weiblichen Charaktere in meinem Buch mehrdimensionaler sind als alles, was man mir in vielen anderen Büchern als feministischen Goldstandard zu verkaufen versucht. Ein weiblicher Protagonist macht ein Buch noch lange nicht feministisch und empowering — dazu muss man schon einen interessanten Charakter schreiben und dazu braucht es schon etwas mehr als die widerspenstige Haarsträhne.

Aber wie seht ihr das? Welche Klischees haben eurer Meinung nach ausgedient und wie seht ihr Klischees im Allgemeinen? Lasst es mich gern in den Kommentaren und euren eigenen Beiträgen wissen!

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