Die Montagsfrage #139 – Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein?

Hallo meine Lieben und nach zweiwöchentlicher krankheitsbedingter Abwesenheit ein herzliches Willkommen zurück zur dieswöchentlichen Montagsfrage. Ich bin wieder etwas mehr auf den Beinen als die letzten zwei Wochen (und hoffe, dass es dabei jetzt auch erst einmal bleibt). Ich wollte allen von euch noch einmal für euer Verständnis und die lieben Genesungswünsche danken, es war für mich wirklich eine gute Entscheidung, zwei Wochen mit der Frage zu pausieren – und umso schöner ist es, wenn das auf Verständnis trifft.

Abgesehen davon, dass mein Körper die letzten paar Wochen nicht ganz so mitgespielt hat, wie ich mir das eigentlich wünschen würde, ist die Zeit so schnell vorbei gezogen, dass ich ehrlich gesagt gar nicht so richtig weiß, wie ich bereits mehr als einen Monat durch mein zweites Studienjahr durch bin – und noch viel weniger, warum die ersten Examen jetzt schon wieder so nah sind. (Examen im Oktober sollten, wenn ihr mich fragt, einfach verboten werden. Ich fahre hier regelmäßig durch niederländisches Regenwetter und bereite mich auf den NaNoWriMo vor – eine Frau kann nur so viel schaffen. Ganz ehrlich.) Nichtsdestotrotz – auch wenn das Wetter momentan noch nicht ganz so aussieht – das Jahr neigt sich bereits wieder dem Ende zu, das erste Weihnachtsgebäck steht schon in den Supermarkt-Regalen und ich sehe momentan überproportional viele Kürbisse auf Social Media. Lässt sich wohl wirklich nicht aufhalten, diese Zeit.

In jedem Fall hoffe ich, dass ihr alle einen guten Start in die Woche habt und trotz herumfliegenden Viren und vermehrtem Regenwetter die Ohren steif haltet.

Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein?

Es steht natürlich jedem frei, die Fragen, die ich stelle, so zu interpretieren wie er oder sie das eben will. Meine eigene Interpretation der heutigen Frage ist dieses Mal zweigeteilt: Zum einen könnte man sie technisch verstehen: Das heißt, ein schwer zu lesendes Buch ist auch anspruchsvoll. Allerdings, und das ist wahrscheinlich die etwas wichtigere Interpretation, könnte sie genauso gut heißen: Nur ein schwer zu lesendes Buch kann einen geistig umtreiben, zum denken anregen und letztendlich nur mit mehr Fragen als Antworten zurücklassen.

Die erste Interpretation der Frage hat eine – finde ich zumindest – recht offensichtliche Antwort: Wenn man „anspruchsvoll“ als „technisch schwierig zu lesen“ oder „mit vielen Wörtern, die ich nachschlagen muss/vielen Sätzen, die ich nicht verstehe“ versteht, dann klar – nur schwer geschriebene Bücher sind anspruchsvoll. Wenn man „anspruchsvoll“ allerdings mehr als einen emotionalen/moralischen/philosophischen Wert versteht, dann ist die ganze Geschichte (wortwörtlich) natürlich schon ganz anders. Ich denke, etwas einfacher ausgedrückt, also dass es darauf ankommt, was wir unter „anspruchsvoll“ wirklich verstehen. Schwierige Sprache oder schwierigen Inhalt? Und das, wenn man die ganze Geschichte etwas weiter spinnt, beides viel zu oft gleichgesetzt wird.

Es gibt, wenn ihr mich fragt, durchaus Bücher, die Dinge sehr kompliziert beschreiben und viele unbekannte, nachschlage-bedürftige Worte benutzen, wenn sie einen Satz auch einfach einfacher schreiben könnten. Und es gibt mindestens genauso viele Autoren (und sicherlich auch einige Leser), die der Meinung sind, dass eine anspruchsvolle Sprache einem Buch mehr oder weniger automatisch einen anspruchsvollen Gehalt gibt. Das finde ich persönlich (wie ihr euch vielleicht an dieser Stelle schon denken könnt) eher nicht. Wieso sollte schwer zu verstehende Sprache die Grundvoraussetzung für die Behandlung eines anspruchsvollen Themas sein? Oder anders gefragt: Wieso sollten schwierige Themen nur in schwer zu verstehender Sprache kommuniziert werden können? Wieso sollte man nicht ein Buch schreiben können, das Leser mitnimmt, das sie emotional und intellektuell herausfordert, und das gleichzeitig in leichter Sprache kommuniziert?

Es gibt eine ganze Menge Bücher, die sehr flüssig zu lesen sind (also lesetechnisch nicht herausfordern), aber dafür Themen aufgreifen, die auch Jahre nach der Lektüre noch beschäftigen. Fragen, die, egal wie klar sie formuliert sind, nicht so einfach (wenn überhaupt) beantwortet werden können. Einige der besten (und vielleicht sogar bewegendsten) Geschichten, die ich gelesen habe, waren so klar und verständlich geschrieben, dass sie ausnahmslos von jedem verstanden werden können – aber gleichzeitig Entwicklungen hatten und Fragen aufgeworfen haben, die mich teilweise zehn Jahre nachdem ich sie gelesen habe immer noch umtreiben.

Für mich geht es in diesem Sinne bei anspruchsvollen Geschichten nicht unbedingt darum, wie oft ich Wörter nachschlagen oder Sätze noch einmal lesen musste – sondern wie sehr sie mich zum Denken angeregt haben und wie sehr sie es durch ihren Inhalt allein unmöglich machen, eine klare Antwort auf die Handlungen ihrer Protagonisten zu finden.

Zugegebener Weise bin ich in dieser Hinsicht auch ein bisschen von meinem eigenen Schreibstil beeinflusst. Ich schreibe lange Sätze, aber keine wirklich kompliziert zu verstehenden. Ich behandle, wenn ich schreibe, natürlich schwierige Themen und Dilemma, auf die man keine wirklich gute Lösung finden kann – und ich mag es trotzdem, wenn die Geschichte gleichzeitig eben noch lustig und flüssig sein kann. Wieso auch nicht? Ich will ja meine Leser zum Denken über den Inhalt anregen und nicht per se schon an der Akkumulation an Adjektiven verzweifeln lassen. Macht das eine Geschichte weniger anspruchsvoll? Ich denke nicht. Gerade – und vielleicht vor allem – wenn sie von der reinen Lese-Empfindung her am Anfang ganz leicht zu sein scheint und plötzlich Themen aufgreift, die keine klaren Lösungen zu haben scheinen.

Das heißt natürlich nicht, dass ein sehr poetisches Buch mit einer sehr anspruchsvollen Sprache nicht auch gewisse Vorteile haben kann. Und dass man auf diese Bücher herunterblicken sollte, weil sie manchmal ein bisschen möchtegern-intellektuell sind. Viele sind, sicherlich, alles andere als möchtegern-intellektuell. Es stört mich nur ein bisschen, wenn Leute denken, es gäbe ihren Geschichten irgendeine Art von Gehalt, wenn der Anfangssatz sich über drei Buchseiten zieht. Kann er natürlich – aber wenn man diese stilistische Wahl trifft, dann sollte sie auch Sinn für die Geschichte machen und nicht einfach etwas sein, das reingeworfen wird, weil man es eben kann.

Aber wie seht ihr das? Brauchen anspruchsvolle Bücher auch automatisch eine anspruchsvolle Sprache? Existiert beides vollkommen unabhängig voneinander – oder versteht ihr die Frage vielleicht so ganz anders als ich? Ich freue mich in jedem Fall wie immer auf eure Antworten und wünsche (doppelt hält ja bekanntlich besser) noch einmal einen guten Start in diese Woche!

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Noch nicht genug von der Montagsfrage? Hier geht es zur Montagsfrage der letzten Woche und hier zur Liste aller auf diesem Blog erschienenen Montagsfragen.

  1. wortmagieblog
  2. Aequitas et Veritas
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  4. Yvi’s Blog
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  6. Der Büchernarr
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  8. Torsten’s Bücherecke
  9. Vanessas Literaturblog
  10. Andreas Kück Leselust
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Comments

17 Antworten zu „Die Montagsfrage #139 – Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein?”.

  1. Avatar von wortmagieblog

    Guten Morgen Antonia,

    schön, dass du wieder gesund bist!
    Ich war überrascht, wie schnell ich eine ziemlich starke Meinung zur heutigen Frage entwickelt habe. Ich denke nicht, dass „anspruchsvoll“ automatisch „unzugänglich“ bedeuten muss. Warum erkläre ich in meiner Antwort:

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Liebe Grüße,
    Elli

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  2. Avatar von Montagsfrage. | Aequitas et Veritas

    […] Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein? […]

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  3. Avatar von Aequitas et Veritas

    Guten Morgen @all! Hier mein spontaner Beitrag zur heutigen Frage:

    Montagsfrage.

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  4. Avatar von NadelNerd

    Guten Morgen,

    bei so einer schwierigen Frage konnte ich nicht widerstehen und habe meine Antwort ein bisschen in eine wissenschaftliche Form gebracht.
    https://nerd-mit-nadel.de/montagsfrage-anspruchsvoll-gleich-schwer/

    Viele Grüße
    Ariane

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  5. Avatar von Yvi

    Guten Morgen,

    Ich bin auch wieder bei der Montagsfrage dabei. 🙂
    Ich fand eine interessante Frage am frühen Morgen, aber auch echt schwierig zu beantworten. 🙂

    Hier mein Beitrag:
    https://yvis-blog.de/montagsfrage/

    Ich wünsche eine schöne Woche,
    LG, Yvi

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  6. […] Heute fragt Antonia von Lauter & Leise folgendes: […]

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  7. Avatar von Mein Senf für die Welt

    Sei gegrüßt Antonia!

    Schön, dass du wieder fit bist.
    Meine Antwort fällt heute recht kurz aus:
    Montagsfrage: Anspruchsvoll = Schwer lesbar? || Mein Senf für die Welt

    Liebe Grüße
    Marina

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  8. Avatar von Der Büchernarr

    Hallo zusammen,

    ich freu mich auch, dass Du wieder fit genug bist, um eine neue Montagsfrage zu stellen. Hier meine heutige Antwort:

    https://buechernarr.org/die-montagsfrage-139-muss-ein-anspruchsvolles-buch-schwer-zu-lesen-sein/

    Viele Grüße und allen einen guten Start in die Woche
    Frank

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  9. Avatar von Chris | schriftweise

    Einen wunderschönen Montag an alle hier.
    Meine Kurzantwort: https://wp.me/p7IFMt-26K

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  10. […] Woche bin ich mal wieder bei der Montagsfrage dabei und Antonia will von uns wissen, ob ein anspruchsvolles Buch auch schwer zu lesen sein muss. Ich denke hier ist […]

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  11. Avatar von Vanessa

    Hallo ihr Lieben,
    nach einigen Wochen Pause bin ich mal wieder dabei:
    https://vanessas-literaturblog.de/2021/10/11/montagsfrage-11-oktober-2021/
    Liebe Grüße
    Vanessa

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  12. Avatar von Andreas Kück - .LESELUST

    Ihr Lieben!

    Mit einem Tag Verspätung geht nun auch meine Antwort an den Start:

    MONTAGSFRAGE #139: Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein?

    Viele Grüße
    Andreas

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  13. Avatar von Christin

    Hallo Antonia,
    schön das es dir wieder besser geht. Ich bin ab jetzt wieder regelmäßiger dabei. Diese Frage fand ich wirklich nicht so einfach zu beantworten. Hier ist mein Beitrag https://buchundco.blogspot.com/2021/10/montagsfrage-111021-schwierige-sprache.html
    Liebe Grüße
    Christin

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  14. Avatar von Die Montagsfrage #140 – Ghostwriter-Bücher? – Lauter&Leise

    […] nicht genug von der Montagsfrage? Hier geht es zur Montagsfrage der letzten Woche und hier zur Liste aller auf diesem Blog erschienenen […]

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  15. Avatar von Sandra Falke

    Mit einiger Verspätung habe auch ich diese sehr interessante Frage beantwortet. 😉

    Die Montagsfrage #139 – Muss ein anspruchsvolles Buch schwer zu lesen sein?

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